Fast jeder von uns hat als Kind schon mal einen Holzstock vom Boden aufgehoben und sich vorgestellt ein Räuber, Pirat oder Ritter zu sein. Dies ist im Grunde schon Liverollenspiel.
Wo soll nun der Reiz für Kinder, Jugendliche oder gar Erwachsene liegen?
Nun Kinder haben eine natürliche Begabung für Rollenspiele, da sie noch in einer Lebensphase des Lernens befinden. Um dies spielerisch umzusetzen, sind sie einmal Mutter und Vater, Räuber und Gendarm oder auch Ritter und böser Zauberer.So ahmen sie typisches Verhalten dieser „Rollen“ nach und lernen und trainieren dabei unbewusst kommunikative und soziale Fertigkeiten, sowie Lösungsstrategien für die fiktiven Konflikte.
Jugendliche sind in der Regel schon einen Schritt weiter und auch wenn das, was für Kinder zählt auf sie genauso zutrifft haben sie doch höhere Ansprüche an Ausstattung und bespielte Thematik.
Für Jugendliche ist die Gemeinschaft mit anderen, das Erkennen und Ausbauen von vorhandenen oder sich gerade entwickelnden Talenten und Fähigkeiten (Schlüsselkompetenzen) wichtig.
Dies kann im Liverollenspiel hervorragend gefordert und gefördert werden.
Hier findet jeder eine Rolle, die seine Fähigkeiten in Anspruch nimmt und ihn für die Gruppe wichtig macht. Ob nun ein Krieger, ein Heiler oder einfach nur der Koch, jeder ist in seiner Rolle gefragt.
Die Jugendlichen müssen sich darüber hinaus selbständig organisieren, gemeinsam komplexe – nicht mehr immer nur fiktive – Situationen erkennen und Lösungen dafür entwickeln.
Im sportlichen Wettkampf müssen sie sich körperlich in der Natur betätigen und lernen, dass der Umgang miteinander Regeln unterliegt und Fairness und Sicherheit höchste Priorität haben.
Der Spaß aller steht im Vordergrund.
Für viele Erwachsene kommt das Interesse am Rollenspiel auf Grund eines anderen Aspekts.
Das möglichst korrekte Darstellen einer historisch angelehnten Rolle und das Durchspielen von geschichtlich interessanten Szenarien.
Dies nennt man dann Reenactment.
Handwerkliche und künstlerische Aspekte im Liverollenspiel:
Viele der Kostüme und Requisiten, die man für das Liverollenspiel benötigt, müssen entweder teuer gekauft oder aber – was die schönere und wesentlich günstigere Lösung ist – selbst gebaut werden.Dabei werden viele Techniken aus unterschiedlichsten handwerklichen Disziplinen benötigt.
Kostüme müssen geschneidert, Truhen und Stühle gezimmert, Lederbeutel und Riemen geschnitten werden und vieles mehr.
Um dies durchführen zu können, entwickeln Jung und Alt fast gleichermaßen ein Interesse an historischen Fertigungstechniken und entdecken oft ungeahnte Talente bei der künstlerischen Ausgestaltung.
Rollenspiel auch anders:
Die spannenden Geschichten, die die Veranstalter für die Teilnehmer vorbereiten, lehnen sich zumeist an historischen oder fantastischen Kontext an.
Beispiele hierfür sind: Der Herr der Ringe oder Gebrüder Grimm.
Darüber hinaus gibt es aber auch Veranstaltungen die auf dem Hintergrund des römisch- griechischen Sagenschatzes basieren. Aber auch Western und Science Fiction sind als Kontext nicht ausgeschlossen.
Interessante Aspekte und Fakten:
Liverollenspiel, das sich in den achtziger Jahren entwickelte, wird seit einiger Zeit von kommunalen und kirchlichen Trägern aktiv als Mittel der Jugendarbeit genutzt.In Deutschland sind derzeit ca. 20.000 Liverollenspieler organisiert und aktiv.
Es finden bei uns jährlich weit über 600 ausgeschriebene Veranstaltungen dieser Art statt.
Dies ist nur Mittelmaß in Europa.
In Dänemark z.B. wird Liverollenspiel öffentlich gefördert und ist in den schulischen Lehrplänen verankert, was zur Folge hat, dass dort weit über 100.000 Kinder und Jugendliche an diesen Veranstaltungen teilnehmen.